Sie schätzt die Offenheit und das Interesse in der Bevölkerung. Und die grosse gegenseitige Anerkennung bei der Arbeit, sagt die Parasitologin Steffi Knopp.
Die meisten Leute suchen rasch das Weite, wenn es um parasitische Würmer geht. Aber Sie, Steffi Knopp, befassen sich schon jahrzehntelang damit und haben immer noch nicht genug?
«Nein, für mich sind Würmer mit ihren komplizierten Lebenszyklen sehr faszinierende Viecher, viel spannender als beispielsweise ein Bakterium, wo man einfach ein Antibiotikum gibt – und sich dann mit der Zeit vielleicht eine Resistenz entwickelt.»
Wie ist es dazu gekommen, dass Sie auf Sansibar forschen?
«Meine Faszination für Afrika hat angefangen, als ich 14 war und mich mein Onkel nach Ghana eingeladen hat, wo er damals arbeitete. Ich bin auch immer wieder zum afrikanischen Kontinent zurückgekehrt. So bin ich nach der Schule in einem Krankenhauslabor in Ghana gelandet, wo ich ein halbes Jahr gearbeitet habe und auch das erste Mal den Erregern von Malaria und HIV begegnet bin, sowie den Würmern und was es noch alles gibt. Ich wollte nicht Medizinerin werden, weil es nicht so mein Ding ist, Leute zu impfen und an ihnen herumzuschnippeln, aber ich wollte unbedingt mehr über Tropenkrankheiten erfahren. Deshalb habe ich an der Universität Tübingen Parasitologie studiert. In meiner Diplomarbeit
habe ich mich mit dem Guinea-Wurm befasst. Das ist der Wurm, den man aus der Haut rauszieht und auf ein Stöckchen dreht. Ich habe in Togo noch einige der letzten Fälle mitgekriegt.»
Und dann?
«Während der Diplomarbeit habe ich viel über Ostafrika und Würmer gelesen, so bin ich auf das Swiss TPH und Jürg Utzinger gestossen, bei dem ich dann meine Dissertation in Epidemiologie machen durfte zu intestinalen Würmern auf Sansibar. Genau als ich damit fertig war, suchte David Rollinson vom Natural History Museum in London eine Epidemiologin für das ZEST-Projekt zur Elimination von Schistosomen. Damit befasse ich mich nun seit zehn Jahren, zuerst noch in London, dann bin ich an das Swiss TPH zurückgekehrt. Ein PRIMA-Grant des Schweizerischen Nationalfonds finanziert mich und das Projekt «SchistoBreak» noch bis Ende 2024. Wie es danach weitergeht, ist noch offen.»
Wie gefällt Ihnen die Zusammenarbeit mit den Leuten vor Ort?
«Sehr gut! Ich mag den gegenseitigen Austausch. Wir versuchen, in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung auf Sansibar die Gesundheit zu verbessern. Dabei lernen wir – auf allen Ebenen – enorm viel voneinander. Im Team arbeiten alle am Erfolg des Projekts mit. Und je-
der Beitrag ist wichtig, egal ob es um den des Fahrers geht oder um den Vorschlag eines Lehrers oder die Arbeiten der Person, die im Labor mikroskopiert oder in den Dörfern die Kinder entwurmt. Es gibt eine grosse gegenseitige Anerkennung. Und wir haben bei der Arbeit viel Spass miteinander. Natürlich ist mir bewusst, dass ich als weisse Europäerin nach Afrika komme und in eine fremde, muslimisch geprägte Kultur eintauche. Im Austausch mit der Be-
völkerung stosse ich relativ rasch auf sprachliche Barrieren, weil ich nur begrenzt Kiswahili spreche. Aber die Leute sind sehr offen, wir nehmen uns Zeit füreinander – und gelangen so zu einem vertieften gegenseitigen Verständnis. Das finde ich schön, das ist mir bei der Arbeit aber auch sehr, sehr wichtig.»
Was hat Sie bei Ihrer Arbeit auf Sansibar überrascht?
«Einerseits die Motivation und Hingebung des Teams. Und andererseits die Freundlichkeit und das Interesse der Bevölkerung, bei unseren Studien mitzuwirken. Bei den Befragungen klopfen wir an die Tür, mit dem Tablet-Computer in der Hand, und sagen: «Wir möchten Ihnen
gerne einige Fragen stellen – und Ihren Urin auf Parasiten untersuchen.» Ein grosser Teil der Leute erklärt sich bereit, mitzumachen. Stellen Sie sich das in der Schweiz vor: Wer wäre damit einverstanden, einer Unbekannten an der Tür eine Urinprobe abzugeben?
Das finde ich das Faszinierende an Afrika, die Sachen funktionieren anders als bei uns. Für mich als Kontrollfreak ist es eine gute Erfahrung, die Kontrolle abzugeben, weil sie nichts bringt. Die Leute haben ihre eigene Art. Ich merke, dass sich am Schluss trotzdem ein Weg
findet, der manchmal sogar schneller und effizienter ist als der von mir durchstrukturierte.»
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