Astrid Knoblauch uses drones to transport tuberculosis drugs in Madagascar. For this, the R. Geigy Foundation awards them the 12th R. Geigy Prize 2022.
Surrend zieht die Drohne über den wolkenlosen Himmel Madagaskars. Im Gepäck: Lebensrettende Medikamente gegen die Tuberkulose. Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt, zwischen der Landbevölkerung und einem Arzt oder einer Apotheke liegen kilometerlange Fussmärsche über unwegsame Pfade, durch Reisfelder und reissende Flüsse. Therapien gegen fatale Krankheiten wie zum Beispiel die Tuberkulose sind keine Selbstverständlichkeit. «Die Hälfte aller Tuberkulose-Erkrankungen in Madagaskar bleibt unbemerkt», sagt Astrid Knoblauch, Epidemiologin am Swiss TPH und Geigy-Preisträgerin 2022.
Innovation im Gesundheitswesen
Transport-Drohnen könnten hier Abhilfe schaffen. Um dies zu testen, setzte Knoblauch 2017 zum ersten Mal ihren Fuss auf Madagaskar. Damals validierte sie für das Institut Pasteur Madagascar und die amerikanische Stony Brook University die Tauglichkeit dieser Technik. Dabei evoziert der Begriff «Drohne» ein verzerrtes Bild. Die Flugobjekte, mit denen die Wissenschaftlerin zu tun hatte, waren eher Mini-Flugzeuge, die ihre Fracht nicht einfach sorglos über dem Regenwald abwarfen, sondern behutsam wieder auf die Erde brachten. Nicht immer gelang dieser Flug reibungslos, nicht selten versagte die Technik. Welch ein Glück, wenn
die Drohne mit den Medikamenten abhob. Und welch herbe Enttäuschung, wenn sie zwei Sekunden später an einem Baum zerschellte oder sich plötzlich Rauch entwickelte, erinnert sich Astrid Knoblauch. «In solchen Momenten galt es, den Humor zu bewahren und die Technik Schritt für Schritt zu verbessern.» Dazu gehörte auch die Ausbildung von Fachpersonen vor Ort. Denn Innovationen in Afrika sind ihren Namen nicht wert, wenn sie nicht in die Gesellschaft integriert und von lokalen Fachmännern und -frauen gewartet werden können. «Ich freute mich zu hören, dass sich auch das vom Global Fund finanzierte Nachfolgeprojekt, stark auf die Expertise von Madagaskar stützte und ein lokales Business ermöglichte», sagt Knoblauch.
Madagaskar – Bedrohtes Paradies
Madagaskar hat es der Forscherin auch sonst angetan. «Ich liebe die Insel, ihre einzigartige Natur und ihre Bewohnerinnen und Bewohner», sagt sie. Kurz nach ihrer Ankunft suchte sie nach einem Fussballklub. Der Fussball ist eine ihrer grossen Leidenschaften. Er half ihr aber auch, schnell sozial Fuss zu fassen. Schon bald sprach sie die ersten Brocken Malagasy, besuchte Konzerte und erkundete die Umgebung. Auf den zahlreichen Reisen durch den Insel-
staat wurde ihr bewusst, wie stark die Gesundheit der Menschen von der Unversehrtheit der Umwelt abhängt. Und von solcher kann keine Rede sein. Die Wälder Madagaskars verschwinden rasant. Dürren, Ernteausfälle und der Klimawandel bedrohen die Lebensgrundlage der grösstenteils mittellosen Bevölkerung. Deshalb rief Astrid Knoblauch
mit Partnerinnen und Partnern 2020 «Malio» ins Leben. Das Start-up mit 90 Mitarbeitenden organisierte in Toliara, einer Stadt im Südwesten des Landes, die Abfallentsorgung.
2000 Tonnen Abfall wurden monatlich in den Quartieren eingesammelt und recycelt. Daraus entstanden auch neue Produkte, wie zum Beispiel Öko-Briketts, welche die Bevölkerung weniger kosten als herkömmliche Holzkohle. «Wir hoffen, mit solchen kleinen Initiativen den Druck auf die Wälder etwas abzufedern», sagt Knoblauch. Denn: «Madagaskar braucht nicht nur High-Tech. Gesund bleiben heisst auch, mit kleinen Schritten das fragile Gleichgewicht zwischen dem Menschen und seiner natürlichen Umwelt zu erhalten.»
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